Beispielhaft für derartige unabhängige Nachhaltigkeitszertifizierungen sind hierzulande das Zertifizierungssystem der DGNB (Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen), das amerikanische Pendant LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) oder das britische Nachhaltigkeitszertifikat BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Methodology) zu nennen. Die Zertifikate für nachhaltige Immobilien bilden vor allem für institutionelle Investoren eine wichtige
Grundlage zur Kaufentscheidung. Je nach Zertifikat sind die Anforderungen an die Nachhaltigkeit der Immobilien verschieden.
Das Zertifizierungssystem der DGNB bspw. für nachhaltige Immobilien fußt inhaltlich auf den drei Paradigmen Lebenszyklusbetrachtung, Ganzheitlichkeit und Performanceorientierung sowie auf den drei zentralen Nachhaltigkeitsbereichen Ökologie, Ökonomie und Soziokulturelles. Die drei Nachhaltigkeitsbereiche fliesen jeweils gleichgewichtet mit in die Bewertung ein.
Darüber hinaus sind auch ESG und EU-Taxonomie wichtige Begriffe im Zusammenhang mit nachhaltigen Immobilien. Hinter Ersterem verbergen sich die Begriffe Nachhaltigkeitsbereichen Ökologie, Ökonomie und Soziokulturelles,
die für Kriterien einer nachhaltigen Kapitalanlage stehen.
Die ESG-Anforderungen werden von der EU definiert und gelten auch für Immobilien. Verglichen mit den genannten Zertifizierungen, welche besonders
die ökologische Dimension von Nachhaltigkeit betreffen, umfasst der ESG-Ansatz auch soziale Kennzahlen und Kennzahlen zur Unternehmensführung. Dadurch lässt sich nicht nur die nachhaltige Immobilie messen, benchmarken und steuern, sondern auch das eigene Unternehmen. Genauer beinhalten die ESG-Kriterien folgende Aspekte:
- „E“ für Environment (Umwelt): Bewertung von Merkmalen wie Umweltverschmutzung oder -gefährdung, Treibhausgasemissionen oder Energieeffizienzthemen
- „S“ für Social (Gesellschaft): Bewertung von Aspekten wie Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz, Diversität oder gesellschaftliches Engagement
- „G“ für Governance (Unternehmensführung): Bewertung von Themen wie Unternehmenswerte, Steuer- oder Kontrollprozesse
Die EU-Taxonomie hingegen ist ein Klassifikationssystem, anhand dessen nachhaltige Immobilien erkannt werden können. Als Maßstab gelten bei Bestandsgebäuden die besten 15 Prozent des nationalen Bestands. Für Neubau gilt, dass der Primärenergiebedarf mindestens 10 Prozent unter den nationalen Vorgaben für Niederenergiegebäude liegt.
Warum das Thema „nachhaltige Immobilien“ relevant ist
Der Immobilienmarkt steckt nicht erst seit der Coronakrise in einem rasanten Wandel. Insbesondere die Klimaziele und auch Big Data (Prozess der Verarbeitung und Auswertung riesiger Datenmengen) verändern die Immobilienbranche. Der Grund für Ersteres ist, dass die Gebäude für einen Großteil des Energieverbrauchs verantwortlich sind. Demzufolge sind an dieser Stelle auch die Einsparpotenziale entsprechend groß und die Auseinandersetzung mit dieser Thematik und ein entsprechendes Handeln tragen dazu bei, vorhandene Ressourcen zu schonen und den Energieverbrauch zu reduzieren.
Die Ansatzpunkte für nachhaltiges Wirtschaften in dieser Branche finden sich in allen Phasen des Lebenszyklus einer Immobilie. Beginnend beim Bau der Gebäude, weisen traditionelle Baustoffe wie z. B. Zement oder Beton oftmals eine mangelhafte Ökobilanz auf und tragen die Verantwortung für hohe CO2-Emissionen. Inzwischen existieren jedoch zahlreiche klimafreundlichere Alternativen, die nicht zwangsläufig höhere Kosten nach sich ziehen. Gleichermaßen wichtig ist die Bewirtschaftung von Bestandsgebäuden, welche nahezu das größte Einsparpotenzial aufweist. Grund dafür ist, dass diese Gebäude bereits bestehen und nachhaltige Neubauten auch immer nur einen Bruchteil des Gesamtbestands ausmachen können.
Schließlich birgt die Auseinandersetzung mit nachhaltigen Immobilien auch viel Potenzial für Investoren. Dieses betrifft neben der Umwelt nicht nur finanzielle Aspekte, sondern auch Zukunfts- und Planungssicherheit.
Potenzial für Investoren
Die Investition in eine nachhaltige Immobilie ist nicht nur Grund für ein gutes Gefühl bei Investoren, sondern bringt einige Vorteile mit sich:
- Nachhaltige Immobilien sind zukunftssicher. Dies bezieht sich insbesondere auf Neubauimmobilien, welche nach aktuell geltenden strengen Klimaschutzvorgaben gebaut werden und damit die Planungssicherheit erhöhen.
- Nachhaltige Immobilien können sich positiv auf die Rendite auswirken. Nicht nur Investoren, sondern auch Mieter legen Wert auf Nachhaltigkeit und wären somit bereit dazu, etwas mehr Geld für die Miete auszugeben. Darüber hinaus sind nachhaltige Immobilienkonzepte oftmals für Mieter mit guter Bonität interessant.
- Die Betriebs- und Unterhaltungskosten einer nachhaltigen Immobilie fallen meist niedriger aus, wodurch zusätzliche Spielräume für höhere Mieten eröffnet werden.
- Der spätere Weiterverkauf einer energetisch den Anforderungen entsprechenden und zertifizierten Immobilie steigert den Wert der Immobilie.
- Mit nachhaltigen Immobilien können Steuervorteile realisiert und Fördermöglichkeiten genutzt werden.
- Nachhaltige Immobilien tragen aktiv zum Kilmaschutz bei und haben einen möglichst geringen Einfluss auf die Umwelt. Ferner verbessern Investoren nachhaltiger Immobilien die Lebensqualität nachfolgender Generationen, da diese Gebäude die natürlichen Ressourcen schonen.
Förderungen
Ganz gleich ob es sich um Bestandsimmobilien handelt oder einen geplanten Neubau, wer seine Immobilie energetisch sanieren möchte, kann als Investor von attraktiven Zuschüssen profitieren. Bspw. gewährt die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Fördermittel für Eigentümer und Investoren nachhaltiger Immobilien. Dabei werden die geplanten Maßnahmen durch Energieexperten geprüft und anschließend kann die Förderung in Form von Förderkrediten oder Zuschüssen über das KfW-Zuschussportal beantragt werden. Entscheidend ist, dass die Anträge vor Beauftragung und Durchführung der Maßnahmen gestellt werden.
Zu den förderfähigen Nachhaltigkeitsleistungen bei nachhaltigen Immobilien zählen u.a. die Berechnung der Lebenszykluskosten, die Messung der Innenraumluftqualität oder die Erstellung einer Ökobilanz. Aber auch Leistungen hinsichtlich Schallschutzes und die Erhöhung des thermischen und visuellen Komforts einer Immobilie können gefördert werden. Um die Energieeffizienz im Rahmen einer Sanierung zu optimieren und die Zuschusshöhe folglich zu erhöhen, ist das Hinzuziehen eines Energieberaters, der den energetischen Zustand der Immobilie ermittelt und einen individuellen Sanierungsfahrplan (iSFP) erstellt, besonders lohnend. Diese Energieberatung wird ebenfalls gefördert. Hierbei sollten insbesondere die BAFA (Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) Fördergelder für Heizsysteme mit erneuerbarer Energie (z. B. Solarthermieanlagen zur Warmwasserbereitung oder Raumheizung oder auch Wärmepumpen) und die Förderprogramme der einzelnen Bundesländer näher in Betracht gezogen werden.
Wichtig zu wissen für Investoren nachhaltiger Immobilien ist, dass die KfW die Bundesförderung für effiziente Gebäude für das Effizienzhaus 55 im Neubau zu Beginn des Jahres eingestellt hat. Gefördert werden aktuell nur noch Immobilien mit dem effizienteren KfW-Standard 40 und besser. Grundsätzlich kann die KfW-Förderung mit weiteren Mitteln kombiniert werden. Investoren nachhaltiger Immobilien sollten sich dahingehend bestenfalls einen Überblick über weitere Förderprogramme auf der Seite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz verschaffen. Außerdem hat das Bundesumweltministerium einen eigenen Leitfaden zum nachhaltigen Bauen entwickelt, welcher neben Grundsätzen des nachhaltigen Bauens zahlreiche nachhaltige Baumaßnahmen und Nutzungsmöglichkeiten aufzeigt.
Was kann man bei bestehenden Immobilien machen?
Für bereits bestehende Immobilien gibt es verschiedene Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die das Gebäude zu einer nachhaltigen Immobilie machen können. Nachfolgend geben wir Ihnen einen Überblick darüber.
- Umweltfreundliche Heizsysteme: Diese sind nicht nur umweltschonend, sondern senken auch die monatlichen Energiekosten. Besonders umweltfreundlich sind die Wärmepumpe, Hybridheizungen oder Holzpelletkessel mit Warmwasser Solaranlage.
- Energieverlust verringern: Da durch Fenster und Türen, aber auch Wände besonders viel Wärme entweicht, kann mittels entsprechender Wärmedämmung der Fassade oder des Daches sowie Isolierung und dem Austausch von Fenstern und Türen der Energieverlust deutlich verringert werden.
- Intelligente Geräte: Der Einsatz intelligenter Smart-Home-Geräte, z. B. smarte Heizkörperthermostate oder Lampen mit Bewegungs- und Tageslichtsensor, ist nicht nur sehr
bequem und erspart viel Arbeit, sondern vermeidet auch unnötige Energieverschwendung, insbesondere wenn die Geräte einen Null-Emissions-Output haben oder sensorgesteuert sind. Mittels Smarthome-Anwendungen lassen sich zwischen neun und 14 Prozent Heizenergie sparen.
- Elektrizitätsquellen: Eine der beliebtesten alternativen Energiequellen für eine nachhaltige Immobilie sind Solarzellen, die von der Sonne gelieferte Wärme nutzen und diese dann in Energie umwandeln. Die Energie lässt sich als Stromquelle nutzen oder auch zur Erwärmung des Brauchwassers verwenden. Die Nutzung alternativer Elektrizitätsquellen hilft dabei, den Verbrauch von Netzstrom deutlich zu senken, Brennstoffrechnungen zu verringern und den ökologischen Fußabdruck zu verkleinern.
- Wassereinsparung: Das Sparen von Wasser kann nicht nur über einfache Änderungen wie weniger Zeit unter der Dusche zu verbringen erfolgen, sondern auch über Änderungen wie bspw. die Installation von wasserreduzierenden Toilettenspülkästen. Für größere Bürogebäude könnte aber auch eine Regenwassersammelanlage errichtet werden, deren Wasser für die Toilettenspülung genutzt wird.
Grünflächen: Grünflächen, wie z. B. pflanzenbedeckte Wände, sind nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern auch eine Möglichkeit, um die Luftverschmutzung einzudämmen oder die Wasserqualität zu verbessern